Ich seufzte und schaute dem kleinen, fröhlichen Kater hinterher. Ohne Anstalten zu machen, ihm zu folgen, versteht sich. Irgendwie... War meine Energie für den heutigen Tag fast aufgebraucht. Deswegen redete ich eigentlich nicht gerne mit fremden Katzen, es war immer so anstrengend. Andererseits... Jemand anderes ist nicht anstrengend gewesen. Was sie wohl gerade tat? Nachdenklich hob ich den Kopf und schaute in die Richtung, aus der ich gekommen war und wo sie noch immer war. Es war vermutlich besser so. Sie gehörte in ihren Clan. Warum dachte ich überhaupt über so etwas nach? Ärgerlich schüttelte ich den Kopf und setzte wieder eine neutrale Maske über den - unbewusst - sehnsüchtigen Gesichtsausdruck, ehe ich mich nun doch endlich bewegte und einfach hinter Schwefel herlief. Er schien ja genau zu wissen, wo es langging, und es war mir definitiv zu anstrengend, jetzt meine eigene Nase einzusetzen.

Mit großen, festen Schritten strich ich durch das Feld mit dem hohen Gras, die Sinne geschärft und auf jegliche Gefahren gefasst. Meinen Bruder behielt ich dabei ebenfalls im Auge, er sollte schließlich nicht einfach entwischen. Ich konnte ihn durchaus noch gebrauchen. Meine Nase in der Luft, suchte ich nach Beutetieren in der Nähe, redete kein Wort mit Koya.

Mein Blick war gelangweilt auf meinen Bruder gerichtet als ich ihm durch das Feld folgte. Es war relativ ruhig, nur das rascheln von Blättern in der Ferne und unsere Pfoten auf dem Boden waren zu hören. Aber ich glaubte, nein ich war mir sicher dass sich das schnell ändern würde. Spätestens wenn die kalte Stimme meines Bruders sich an mich wenden würde, war es vorbei mit der friedlichen Stimmung hier. Ich wirkte sogar relativ entspannt dafür, dass ich mich beim laufen etwas krümmte. Meine Pfoten schmerzten, ebenso wie ein paar Kratzer die ich noch von unserer letzten Auseinandersetzung hatte. Aber ich hatte mittlerweile schon weit aus schlimmeres durchgestanden, weshalb ich mich nicht beschwerte. Selbst wenn es eine der schlimmeren Wunden gewesen wäre, hätte ich geschwiegen. Ich hatte keinen Grund, kein Recht den Mund aufzumachen und mich zu beschweren.

Wir waren seit heute früh nur am Laufen gewesen und langsam taten auch mir die Beine weh. "Wir rasten und jagen.",miaute ich kühl und warf Koya einen finsteren Blick zu. "Fang gefälligst etwas." Damit entfernte ich mich etwas und schlich durch das hohe Gras. Wie ich diesen Kater hasste. Die Narbe in meinem Gesicht tat noch immer etwas weh, schließlich hatten wir keine Ahnung von Heilmittel für einen solchen Fall. Ich hatte nur zusehen und sie an der Luft heilen lassen können, mehr nicht. Dann hatte sie sich entzündet und nur mehr Schmerzen bereitet. Jetzt war es eine große Narbe auf meiner linken Gesichtshälfte und ich hasste sie. Sie machte mich hässlich. Ich wollte nicht hässlich sein, nicht so wie mein Bruder! Aber es war allein seine Schuld. Alles war seine Schuld. Während ich geduckt nach Beute suchte, hatte ich das Maul leicht geöffnet, um die Gerüche besser wahrnehmen zu können.

Fang gefälligst etwas., wiederholte ich stumm. ich sah ihm ein paar Augenblicke desinteressiert nach. Es wirkte fast so, als hätte ich nicht vor etwas zu jagen. Und eigentlich wollte ich das auch nicht. Ich hatte keinen Hunger, also warum auch. Aber mein Bruder schien etwas essen zu wollen und ohne Essen würde seine Laune nur weiter sinken. Und das war etwas, was ich überhaupt nicht wollte. Nein, ich hatte für die nächsten Tage genug leiden müssen. Also wandte ich mich in die andere Richtung, schlich so gut es eben ging durch das Feld. Es war sicherlich nicht schwer hier etwas zu fangen, aber ich hatte dennoch Probleme. Meine verbrannte Pfote hatte eine Zeit lang furchtbar geschmerzt. Sie hatte sich genau wie die Wunde meines Bruder entzündet, allerdings konnte sie nicht richtig heilen da ich sie ständig belasten musste. Irgendwann hatte ich es nicht mehr ausgehalten und mir die Wunde erneut aufgebissen. Danach allerdings hatte ich gar nichts mehr gespürt. Es war anfangs ungewohnt, aber mittlerweile war es angenehm. Wenigstens an einem Teil meines Körpers keine Schmerzen mehr zu haben. Es erschwerte mir aber die Jagd. Da ich nichts spürte, zog ich sie manchmal unbewusst über den Boden, oder knickte um. Dazu kam noch, dass ich meinen Rücken immer etwas krümmte, da sonst die Narben anfingen weh zu tun. Aber ich hatte mich an all das gewöhnt und konnte auch so ein halbwegs normales Leben führen.

Es dauerte etwas, doch schließlich fing ich eine Maus und kam mit ihr zurück zum Treffpunkt, wo ich auf meinen Bruder wartete. Bruder... Koya, dieser Krähenfraß, sollte lieber gute Beute dabei haben. Sonst würde ich ihn bestrafen. Wenn er größere Beutetiere dabei hatte, würde ich sie mir unter den Nagel reißen.

Es war wirklich nicht schwer hier Beute zu finden. Es war Blattgrüne und wir waren auf einem Weizenfeld. Hier gab es genug Mäuse. Ich brauchte zwar etwas länger als mein Bruder, kam dann aber mit 2 Mäusen zurück. Er wollte bestimmt etwas mehr haben. Andere verstanden wahrscheinlich nicht, warum ich das tat. Warum ich noch bei ihm war, obwohl er mich tagtäglich quälte. Aber mir war auch egal ob andere das verstanden oder nicht. Er war mein Bruder, meine Familie und ich liebte ihn. Er tat grausame Dinge, das war richtig. Aber es war sein Charakter. Und ich akzeptierte das. Wenn er mir weh tun musste um glücklich zu sein, dann ließ ich das manchmal sogar mit einem kleinen Lächeln über mich ergehen.
Mit den beiden Mäusen kam ich zu ihm zurück und legte sie vor ihm ab. Wie immer hatte ich beim erlegen die Augen geschlossen, wollte nicht die Panik in den Augen der kleinen Tiere sehen. Es machte mich jedes Mal aufs neue fertig. Sofort zog ich mich wieder etwas zurück, ließ die Beute vor ihm liegen damit er sich etwas aussuchen konnte.

Ich zuckte mit dem rechten Ohr, als ich etwas rascheln hörte und im nächsten Moment kam auch schon Koya aus den Weizenhalmen. Mit einem strengen Blick musterte ich ihn und begutachtete dann die Beute, die er mir besorgt hatte. Schnell verglich ich die Größe, pickte mir die zwei größeren Mäuse raus und zog sie zu mir, um sie zu essen. Wurde auch Zeit. brummte ich. Doch mit einem gefüllten Magen würde ich mich eher entspannen können. Ich aß langsam und ließ mir Zeit damit, schließlich könnte es auch bald unsere letzte Beute gewesen sein.

Ich schwieg, beobachtete ihn nur desinteressiert dabei wie er sich die zwei größten Mäuse nahm. War ja auch klar gewesen. Er bekam immer mehr Beute, größere Beute. Das sah man auch deutlich. Sein Körper war kräftig, muskulös. Und wenn man mich daneben stellte.. Ich war größer als er, musste demnach eigentlich auch mehr essen aber das tat ich nicht. Ich ließ ihm den Vortritt und war deswegen auch um einiges dünner. Es wirkte fast so, als wäre ich ausgehungert, doch aß ich immer noch genug um nicht zusammenzubrechen. Erst als er angefangen hatte, nahm ich mir die kleinste Maus und zog sie etwas von ihm weg. Beim essen ging ich meist auf Abstand, nicht dass er plötzlich nach mir schlug weil er gerade langeweile hatte.

Für ihn war es gut, dass er sich entfernte. Nicht selten schlug ich mal eben nach ihm, weil ich sehen wollte, wie er zusammen zuckte. Ich aß nun die zweite Maus, ließ die andere halb angefressen dort liegen, da mir bestimmte Teile einfach nicht schmeckten. Dann leckte ich mir über das Maul und putzte meinen Pelz.

Ich war relativ schnell fertig, die Maus war nicht sonderlich groß gewesen. Während ich ein kleines Loch für die Knochen grub, leckte ich mir einmal ums Maul. Jetzt, wo ich gegessen hatte, merkte ich erst was für einen Hunger ich hatte. Er ließ seine Maus einfach liegen. Zwar sah ich es nicht, da mein Blick auf das größer werdende Loch gerichtet war, aber ich roch es. Er ließ sie einfach liegen, wusste gar nicht wie wertvoll dieses Stück Beute war. Am liebsten hätte ich es mir genommen. Da ich aber keine Schläge einstecken wollte, ließ ich es. Bestimmt würden wir später noch einmal etwas essen.

Ich kickte meinem Bruder schließlich die beiden Mäuse zu. Hier. Iss. Du siehst aus, als würde man dich in der Mitte durchbrechen können. knurrte ich und putzte weiter mein Fell. Er durfte mir schließlich nicht auch noch weg sterben.

Es überraschte mich etwas, dass er mir die Mäuse gab, andererseits aber auch nicht. Er war immer gemein, ja. Aber manchmal hatte er seine Phasen wo er mir doch etwas abgab. Ich wusste nicht woher das kam, doch gab es mir die Hoffnung dass ich ihm doch etwas bedeutete. Dass ich ihm nicht so egal war wie er immer tat. Ich besah die übrig gebliebenen Stücke mit meinem desinteressierten Blick und begann dann sie zu essen.

Ich beobachtete ihn dabei, wie er die Mäuse fraß und blieb dabei ganz ruhig. Den Schweif um die Pfoten gelegt, blieb ich ordentlich sitzen und hielt die kalten Augen auf ihn gerichtet. Beeil dich. Ich will schnell hier weg. befahl ich kühl

Meine Ohren zuckten leicht in seine Richtung, doch stoppte ich nicht mit dem essen. Die wenige Zeit die ich hatte wollte ich auch nutzen. Schnell schlang ich den Rest runter und warf ihn dann in das kleine Loch, welches ich auch sofort wieder mit Erde füllte. Ich war fertig und hatte mehr gegessen als sonst. Es fühlte sich gut an, einen halbwegs gefüllten Magen zu haben.