Wieso hatte ich das nicht bemerkt? Erst eine wertvolle Sekunde nach Falkenpfote fiel mir der Fremde auf, der um den Großfelsen herumschlich, dann war mein Schüler auch schon auf und davon. "Falkenpfote!", fauchte ich erschrocken und machte einen gewaltigen Satz die Senke hinunter, ohne auf mein hämmerndes Herz und die stechenden Seiten zu achten. Ich brauchte auch nicht lange, um den Felsen zu umrunden, und atmete - so gut ich konnte - beruhigt auf. Der Kater schien nicht feindselig zu sein - und auch nicht besonders geschickt, wenn man sich ansah, wie er stolperte. Den Kopf schüttelnd trat ich hinter dem Felsen hervor und schob meinen Körper halbwegs zwischen die Beiden, drängte Falkenpfote gleichzeitig zurück. Dabei schnippte ich meinem Schüler unsanft mit dem Schweif über den Kopf. "Sind meine Lektionen so schnell vergessen? Noch einmal und du darfst die Nester im Kriegerbau wechseln", schimpfte ich leise, aber mit einem gewissen Schalk in der Stimme. Dann wandte ich mich dem Kater zu, dessen Geruch keinem der Clans angehörte, wie ich feststellte. "Entschuldige meinen jungen Schüler. Er muss noch eine Menge lernen", richtete ich gewohnt ruhig das Wort an ihn. "Ich hoffe, er hat dich nicht verletzt?"

Kaum hatte ich mich wieder gefangen, schob sich auch schon ein bunt gedeckter Kater zwischen uns. Ich schüttelte den Kopf. "Wenn dann ist es meinen ungeschickten Pfoten zu verschulden. Passiert mir leider jin und wieder.", meinte ich und musste über mich selbst schmunzeln. Dann sah ich mich um. "Tauchen hier noch mehr von euch auf oder muss ich mir keine Sorgen mehr machen, mir die Pfoten zu brechen." Ich sah die beiden nicht als Bedrohung an. Warum also feindselig reagieren. Ich ließ mich entspannt auf die Hinterbeine sinken und musterte die beiden. "Woher kommt ihr beiden denn?", fragte ich neugierig.

Der ver­meint­liche Krieger vor mir sprang erschrocken in die Luft und... vollführte einen Bauchklatscher? Verwirrt starrte ich den Kater einfach nur an, als dieser laut fluchte und kniff meine Augen leicht zusammen. Irgendwie... hatte ich doch etwas spektakuläreres von einem feindlichen Krieger des DonnerClan erwartet. Meine Ohren zuckten leicht, als er meine Verwirrung teilte. "DonnerClan?" "Du bist kein Krieger!", stieß ich enttäuscht aus und schmollte leicht.
Vom Rand der Senke konnte ich Schattenspiel hören, wie er erschrocken meinen Namen fauchte. "Ups...", stieß ich aus und kratzte mich unterm Kinn. Seine Pfoten trommelten wieder über die lockere Erde und als er den Felsen umrundete, blickte ich ihm vergnügt entgegen. "Schau mal Schattenspiel!", rief ich fröhlich und grinste den bunten Kater breit an, "Ich habe einen Freund gefunden!" Mit eben diesen Worten richtete ich meine Aufmerksamkeit zurück auf den Fremden. Ich wollte diesem gerade auf seine Frage antworten, als ich von Schattenspiel angefahren wurde. Zwar leise und mit Schalk, aber ich legte trotzdem trotzig meine Ohren an. "Aber... ", protestierte ich sofort und reckte mein Kinn herausfordernd in die Höhe, "Er hätte ein Krieger sein können! Wer weiß was er hier vorgehabt hätte?! Ich hätte ihn einfach überwältigt!" Meine Selbstüberschätzung kam wieder mit mir durch und bereuen tat ich meine Tat mal gar nicht. Schließlich blickte ich wieder zu dem fremden Kater und lächelte diesen ebenfalls breit an. "Wir sind vom FlussClan! Und ich dachte du seist vielleicht vom DonnerClan! Die leben nämlich dort drüben!", damit deutete ich auf den Wald hinter Dusty, "Und wir leben alle nach dem Gesetz der Krieger. Ich bin übrigens ein Schüler und Schattenspiel ist mein Mentor! Er bringt mir alles bei, damit ich auch ein Krieger werden kann!" Die Informationen sprudelten nur so aus mit heraus, als ich plötzlich meine Augen zusammenkniff und den Fremden prüfend anstarrte. "Woher wissen wir, dass du kein Spion bist?!"

Ich lauschte dem jungen Kater aufmerksam und schnurrte amüsiert. Es war lange her, dass ich jemanden um mich gehabt hatte, der so viel, ohne Pause reden konnte. "Ich? Ein Spion?" Gespielt nachdenklich legte ich den Kopf schief und sah ihn dann verschmitzt an. "Danke mein junger Freund. Jetzt weiß ich alles, was ich brauche." Ich duckte mich nach unten und rollte mich dann auf den Rücken. "Da habt ihr mich wohl erwischt. Aber ich ergebe mich freiwillig. Gegen einen Schüler wie dich habe ich doch nicht den Hauch einer Chance." Natürlich machte ich nur Spaß und konnte mir ein amüsiertes Schnurren nur mühsam unterdrücken. Schon lange hatte ich keine so nette Begegnung mehr gehabt. Die meisten waren mir gegenüber eher feindselig gewesen. Diese beiden waren irgendwie anders.

Ich hatte bereits das Maul geöffnet, um dem Fremden eine Antwort zu geben, da kam mir auch schon Falkenpfote zuvor. Seinen Redeschwall ließ ich schweigend zu, zuckte nur hin und wieder mit der Schwanzspitze und setzte mich dann irgendwann betont entspannt hin. Der Kater zumindest nahm die Situation ebenso gelassen und ich erhob erst wieder die Stimme, als er sich auf den Rücken rollte. Ein belustigtes Glitzern in den Augen lassend setzte ich Falkenpfote eine Tatze auf den Kopf und drückte ihn mühelos ein Stück hinunter. "Oh nein. Was machen wir denn jetzt mit unserem feindlichen Spion?" Bevor mein Schüler allerdings noch etwas tun konnte - wie zum Beispiel sich auf den Fremden zu stürzen - schnippte ich freundlich mit dem Ohr. "Mein Name ist Schattenspiel, das hier ist Falkenpfote, und wie heißt du? Wie er bereits sagte, sind wir Mitglieder des FlussClans - und nein, es sind nur wir beide. Aber ich würde das Gespräch gerne woanders weiterführen, denn es kann jederzeit jemand aus den anderen Clans hier auftauchen", meinte ich und drückte Falkenpfotes Kopf noch einmal mahnend auf den Boden, ehe ich ihn losließ. Meine Ohren waren die ganze Zeit wachsam gespitzt, auch wenn ich entspannt blieb. Ich wollte nicht überrascht werden.

Ich rollte mich wieder zurück auf die Pfoten und setzte mich wieder hin. "Freut mich euch kennenzulernen.", sagte ich mit einem Zwinkern. "Mein Name ist Dusty." Ich sah mich noch einmal um. "Die anderen Katzen sind wohl nicht so friedlich?" Auch wenn es eine Frage war, konnte ich mir die Antwort schon fast selbst geben. Auf Ärger hatte ich gerade so gar keine Lust. "Wo soll es denn hingehen? Ich kenne mich noch nicht so gut aus in der Gegend.", stimmte ich schließlich zu und erhob mich auf die Pfoten. Ich wollte die beiden gern näher kennenlernen und nahm ihr Angebot dankend an.

'Danke mein junger Freund. Jetzt weiß ich alles, was ich brauche.' - Ein Scherz.
Natürlich verstand ich ihn nicht. Erschrocken starrte ich den fremden Kater an. Sein amüsiertes Schnurren verstand ich als Provokation und Zeichen meiner Dummheit, weshalb mein Nackenfell unangenehm prickelte. Ich hatte meinen Clan dem Untergang geweiht! Er würde diese - eigentlich nichts aussagenden und relativ uninteressanten Informationen (Warum war mir das in diesem Moment einfach nicht klar?) - zu irgendwelchen gefährlichen Streunern bringen und den FlussClan auslöschen! Am Ende würden die sich noch mit dem DonnerClan verbünden und dann tanzen die durch unser Lager, aus welchem wir vertrieben wurden! "Genau das würde ein Spion auch sagen!" Ich verfiel gerade in Schnappatmung, als mir Schattenspiel eine Tatze auf den Kopf drückte.
Was? Waren wir in Gefahr? Drückte er mich deshalb zu Boden? "Was ist...?", setzte ich an, als ich seine entspannte Körperhaltung bemerkte. Endlich bemerkte ich, was hier ablief. "Das war ein Scherz.", stellte ich ernüchtert fest und blies trotzig meine Backen auf. Mein Mentor redete währenddessen weiter und drückte mich schließlich komplett zu Boden. "Hey!", beschwerte ich mich, nicht auf seine Mahnung achtend, "Wir machen die einfach alle fertig!" Selbstüberschätzung - Check. Da war sie wieder. Mein Mentor ließ mich schließlich wieder los und ich sprang wieder auf. "Freut mich Dusty!", rief ich - die Warnung von Schattenspiel von möglich feindlichen Patrouillen in den Wind schießend. Die Frage wohin es gehen sollte, überließ ich gekonnt meinem Mentor.

"Natürlich war das ein Scherz", schnurrte ich belustigt auf Falkenpfotes Erkenntnis und stellte meine Pfote wieder auf dem Boden ab, mit der ich ihn niedergedrückt hatte. "Die Clans sind nicht gerade miteinander befreundet und ich möchte nichts riskieren", antwortete ich schließlich auf Dustys Frage und legte leicht den Kopf schief. Falkenpfotes freudigen Ausruf bedachte ich nur mit einem weiteren Schwanzschnippen über seine Ohren, noch ein wenig ruppiger als vorher. Wenn er nicht lernte, sich zu zügeln, konnte das schrecklich schief gehen. Einen Moment lang schob sich das Bild von Lehmjunges vor meine Augen, dann verdrängte ich es energisch und erhob mich. "Es ist wohl am Besten, wenn wir uns zu unserer Grenze aufmachen", schlug ich vor und deutete mit der Nase in besagte Richtung. Ich würde den Streuner nicht vertreiben, aber ich wollte ihn auch nicht einfach in unser Territorium führen. Das stand mir nicht zu, solange ich nicht wusste, wen genau ich hier vor mir hatte - so freundlich er auch schien, ich kannte ihn ja schließlich nicht. Und mein Urteilsvermögen war noch immer getrübt durch meine Müdigkeit und allem anderen.

Schmunzelnd hatte ich Falkenpfote beobachtet, der meinen kleinen Scherz ein wenig zu ernst genommen hatte. Er muss noch viel lernen..., dachte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Auf Schattenspiels Erklärung hin, nickte ich. "Ich bin auch nicht gerade auf Streitereien aus.", gab ich zu. Ich hatte in letzter Zeit genug damit zu tun gehabt, dass man mir nicht gleich wieder die Ohren zerfetzte. Noch mehr Ärger konnte ich im Moment nicht gebrauchen. Ich bedeutete Schattenspiel mit der Schwanzspitze, dass er vorgehen sollte. Ich kannte mich hier immerhin nicht aus und würde ihm so oder so folgen müssen. "Keine Angst. Ich werde euch nichts tun.", sagte ich nun etwas ernster an Falkenpfote gewandt. Ich war mir noch nicht ganz sicher, ob der junge Kater mich als Freund oder als Bedrohung ansah. Letzteres wollte ich auf jeden Fall tunlichst vermeiden. Falkenpfote erinnerte mich stark an mich selbst, als ich in seinem Alter. Auch ich, war damals so ungestüm wie er.

Unbewusst zog ich den Kopf ein, als Schattenspiel mir - schon wieder und deutlich ruppiger - über die Ohren schnippte.
Noch immer war mein Verhalten leicht von Trotz geprägt, weshalb ich nur grummelnd meine Nase rümpfte. Ein paar Sekunden blieb ich still, aber eben auch nur ein paar. "Wahrscheinlich werden wir eh schon beobachtet!", meinte ich scheinbar desinteressiert, "Die trauen sich nur nicht! Weil jeder Angst vor dem FlussClan hat!" Ich bemühte mich wirklich gleichgültig auszusehen, obwohl mein Herz hektisch gegen meine Rippen pochte. Der Gedanke eine feindliche Patrouille würde uns beobachten und ich würde heute vielleicht doch noch einen fremden Krieger sehen, ließ mich schließlich doch aufgeregt zappeln. Ich wollte so unbedingt eine Katze vom DonnerClan treffen! Und eine vom WindClan! Und vom SchattenClan! Noch immer lagen meine moosgrünen Iriden auf der Grenze - Nachdenklich, als würde ich über etwas sehr genau nachdenken.

"Das möchte ich dir auch nicht geraten haben, wenn ich so einen großen und starken Kater neben mir habe", schnurrte ich amüsiert und schnippte mit dem Ohr in Falkenpfotes Richtung. Natürlich war er nicht lange still geblieben - wirklich erwartet hatte ich das auch nicht. Er war eben sehr aufgeweckt und das war gut... Solange es nicht zu viel wurde. Dann muss ich ihn eben richtig anleiten. Langsam schritt ich auf den Abhang zu, den ich vorher noch so schnell hinuntergesprungen war, und drehte derweil den Kopf. "Dann lasst uns gehen. Komm, Falkenpfote, folg mir - und ich meine wirklich folgen!", rief ich meinem Schüler zu und blinzelte freundlich in Dustys Richtung, ehe ich mich hinaufzog. Einen Moment hielt ich inne und schnaufte, dann führte ich die beiden auch schon weiter und ein kleines Stück hinter die Grenze - weit genug, dass uns keine Patrouille behelligen sollte und trotzdem nicht zu tief in unserem Territorium.

--> WindClan - FlussClanGrenze

Ich ließ ein belustigtes Schnurren hören bei Schattenspiels Worten. "Sei nicht so streng mit ihm.", meinte ich ruhig. "Ich war in seinem Alter nicht anders. Das gibt sich mit der Zeit." Ich setzte mich ebenfalls in Bewegung und ignorierte dabei den Schmerz der wie ein Stich durch eine meiner Pfoten zog. Verdammt. Ich muss mich doch vertreten haben. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. Schwäche würde ich jetzt definitiv nicht zeigen. Zähne zusammen beißen und los. Ich folgte Schattenspiel und zog mich geschickt den Abhang hinauf. Oben angekommen gönnte ich mir eine kurze Verschnaufpause, ehe ich Schattenspiel weiter folgte.

-> WindClan - FlussClanGrenze

'Wenn ich so einen großen und starken Kater neben mir habe' - Meinte... Schattenspiel damit etwa mich? Ich warf einen kurzen - abschätzenden - Seitenblick zu Dusty. Doch in eben diesem Moment schnippte mein Mentor mit seinem Ohr in meine Richtung. Stolz durchflutete mich und mit einem selbstgefälligen Lächeln im Gesicht reckte ich die Brust. "Natürlich", pflichtete ich ihm beinahe arrogant bei, während mein Selbstvertrauen sprichwörtlich, steil wie eine Rakete, durch die Decke ging. Als Schattenspiel aufstand und mich ebenfalls aufforderte, sprang ich meinem Mentor munter nach. Ich war frohen Mutes und plötzlich wieder voller Energie. Nichts und niemand hätte meine Laune jetzt dämpfen können.
Bis... wir den oberen Rand der Senke erreichten. Hatte Schattenspiel nicht, wie Dusty zuvor, amüsiert geschnurrt? "Das war kein Scherz, oder?", fragte ich daher und starrte den buntgefleckten Rücken meines Mentor flehend an, während ich ihm brav weiter folgte.

>> Grenze des Wind- und FlussClan (Grenzgebiete)