Wieder verfiel ich in die Nackenstarre, als die Kätzin - deren Namen ich ja noch immer nicht kannte - wieder aufhob und weiter trug. Sie setzte mich zwischen einigen Wurzeln ab, welche Sichtschutz nach oben boten, so dass zumindest Greifvögel mich nicht sehen würden. Auch andere Raubtiere würden mich nur sehen, wenn diese direkt an die Wurzeln kommen würden. Aus großen, ängstlich aufgerissenen Augen sah ich die Kätzin an, war jedoch zu erschöpft um mich bewegen zu können. So maunzte ich nur einen Moment sehr leise, kraftlos, ehe ich mich auf dem Blattwerk unter mir zusammen rollte.

Einen besorgten Blick zurückwerfend, schlich ich leise nach vorne, die Ohren gespitzt und die Augen weit geöffnet. Ich hielt sowohl nach Beute als auch nach möglichen Gefahren Ausschau. Das schnelle Schlagen eines Mäuseherzens lenkte meine Aufmerksamkeit auf einen Busch, und ich ließ mich sofort in das Jagdkauern fallen. Schnell hatte ich die Maus erlegt und trug die Beute zurück zu LittleOne.

Auch wenn die Kätzin versuchte in meinem Blickfeld zu bleiben, so verbargen die Wurzeln und schließlich auch ein Busch ihren Anblick für mich. Sofort erfasste Panik mich und ich krabbelte maunzend zwischen den Wurzeln hervor, nur um in die Kätzin hinein zu laufen. Zitternd schob, ja krabbelte ich unter ihren Körper, wo ich erschöpft und eher fiepig maunzend meine Nase in ihr Fell grub und die Augen schloss.

Überrascht blieb ich stehen, als LittleOne verängstigt fiepend gegen mich lief und sofort unter meinem Bauch Schutz suchte. Ich legte die erbeutete Maus neben mich und legte mich so hin, dass das Kätzchen von allen Seiten von meinem weißen Fell umschlossen war - was kein Problem darstellte, betrachtete man den Größenunterschied von uns beiden. Beruhigend schnurrte ich sie an und leckte ihr kurz über den Kopf. "Hast du Hunger?", fragte ich sanft, obwohl ich die Antwort bereits kannte. Ich wollte sie nur ablenken.

Ich konnte nur nicken, wobei meine Nase wohl durch Lilies Fell strich. Wieder versuchte ich instinktiv eine Milchquelle zu finden, jedoch vergebens. Aber was sollte ich fressen? Sicher, ein paar komisch riechende Bröckchen waren in die Box geworfen und von den anderen Kätzchen gefressen worden, doch viel hatte ich nicht ab bekommen, da die anderen größer und stärker gewesen waren als ich.

Ich schnurrte belustigt, als die Kleine erneut nach Milch suchte. Sanft stupste ich sie mit der Schnauze an und stand wieder auf, ohne den Kontakt zu ihrem Fell abbrechen zu lassen. Ich packte die Maus und legte sie dem Kätzchen vor die Pfoten, dann kauerte ich mich hin und schaute sie an. "Hier, das ist dein Fressen, Little. Da musst du reinbeißen.", miaute ich. "Ich heiße übrigens Graslilie - wie die Blume", schnurrte ich dann.

Ein leiser Laut des Protestes erklang, ein leises Knurren, als die Kätzin sich bewegte. Fragend blickte ich dann auf das komische Ding, welches sie mir hin schob. Mit gespitzten Ohren nahm ich ihren Namen auf Graschlilie.. man merkte dass es mir nicht leicht fiel, den Namen auszusprechen. Deswegen beließ ich es nach mehrmaligem versuch bei einem leisen Lillie.. Dann sah ich wieder unsicher auf das komische Ding und schnupperte daran. Es roch komisch - ungewohnt.

Amüsiert schnurrte ich, als die Kleine versuchte, meinen Namen auszusprechen. Ich leckte ihr kurz über das Ohr. "Nenn mich einfach Lilie", meinte ich, dann schnippte ich kurz mit dem Ohr. Ich beugte mich vor und hakte meine Zähne vorsichtig in die Maus, riss sie am Bauch auf, damit LittleOne besser an das weiche Fleisch herankam. "Das ist eine Maus. Na komm, trau dich, beiß rein", schnurrte ich. "Sie schmeckt super, vertrau mir."

Noch immer war ich sichtlich nicht wirklich überzeugt, und schnupperte nun an dem frei gelegten Fleisch, ehe ich versuchte ein Stück abzubeißen. Doch meine Zähne waren es noch nicht gewohnt feste Nahrung zu zerkauen, geschweige denn etwas zu zerreißen. So drückte ich meine Zähnchen in das Fleisch und begann knurrend rückwärts zu robben, um es heraus zu ziehen. Doch statt dessen zog ich gleich die ganze Maus mit, welche sich überschlug und mir eine regelrechte Dusche mit ihrem Blut bescherte. Erschrocken ließ ich los und sprang maunzend zurück, strauchelte und fiel auf den Rücken. Wild strampelte ich einen Moment mit allen vier Pfoten in der Luft, ehe ich mich herum drehen konnte. Ich kauerte mich knurrend hin und sah mit wütend funkelnden Augen auf die Maus.

Ich schnurrte belustigt, als die kleine Kätzin ihre ersten Versuche startete, etwas von der Beute zu fressen. Die Ohren weiterhin aufgestellt, um vor möglichen Gefahren gewarnt zu sein, setzte ich unauffällig meine Pfote auf den Mäuseschwanz, damit sie sich nicht wieder überschlug. Dann beobachtete ich weiter, wie LittleOne sich knurrend hinkauerte, den Blick fest auf die Maus gerichtet.

Ich reagierte vollkommen nach meinem Instinkt, während meine Schweifspitze immer mal wieder leicht zuckte. Ich kauerte mich mehr und mehr hin, bis ich mit ausgefahrenen Krallen auf die Maus sprang und diese regelrecht verprügelte. Dabei blieben ab und zu meine Krallen in dem Fleisch hängen. So schaffte ich es letztlich ein Stück des Fleisches heraus zu reißen, an welchem ich schnupperte. Vorsichtig biss ich dann zu und kaute mühevoll auf dem Stück Fleisch herum. Ich war einfach schon zu erschöpft, so dass mir noch während des Kauens die Augen zufielen, bis ich einschlief. Dabei hing das Stück Fleisch noch immer aus meinem Maul heraus.

Ich musste lachen, als ich sah, wie LittleOne sich auf die Maus stürzte, nur um dann - mit einem Stückchen Fleisch im Maul - sofort einzuschlafen. Dann überlegte ich. Wie kriege ich sie jetzt wohl dazu, etwas zu fressen... Oder sollte ich sie schlafen lassen? überlegte ich. Aber mit einem Blick auf das Kätzchen entschied ich, sie mit einem sanften Stupser zu wecken. Es musste irgendwie anders gehen... Genau! Aufgeregt schlug ich mit dem Schweif, als mir eine Idee kam.

Ich schreckte auf und fauchte leise, als ich angestubst wurde. Im ersten Moment geriet ich in Panik, da ich ja nicht wusste, wer oder was mich anstubst, weshalb ich mit der linken Vorderpfote und ausgefahrenen Krallen nach Lillie schlug. Allerdings traf ich sie nicht. Müde sah ich die Kätzin aus halb geöffneten Augen an. Durch das Fauchen war das Stück Fleisch aus meinem Maul gefallen.

Beruhigend schnurrte ich sie an. "Shhh, alles gut, ich bin es. Hier, versuch es mal damit" meinte ich und beugte mich vor. Ich zupfte ein Stück Fleisch von der Maus und zerkaute es etwas, damit LittleOne es besser fressen konnte, und schob es ihr hin. Vielleicht - hoffentlich - funktionierte diese Methode ja.

Unsicher und noch völlig dösig beobachtete ich Lillie und raffte mich dann gähnend auf, wobei ich einen kleinen Buckel machte. Dann schnupperte ich an dem Fleischbrei und nahm ein wenig davon ins Maul. Ich musste so nur noch wenig kauen, bis ich das Fleisch herunter schlucken konnte. Obwohl ich wahnsinnig müde war, war der Hunger doch stärker, so dass ich mich nun nahezu auf den Fleischbrei stürzte und diesen gierig verschlang.