Falls die Kätzin erwartete, dass ich ihr noch irgendwie half, die Spinnenweben auf ihren Pelz zu kleben, hatte sie sich geirrt - ich würde keine einzige Pfote mehr rühren, als ich es schon getan hatte. Und gegen ihren Hunger, der sich aus der Entfernung leise kundtat, würde sie selbst etwas tun müssen. Jetzt, mit geschlossenen Augen, holten mich auch sowohl die Müdigkeit als auch die Erinnerung an Honigpfote wieder ein, die ich rigoros wegschob. Dieses Kribbeln in meinem Pelz hatte ich mir zwar nicht nur eingebildet, aber es war vorbei und ich konnte meine Energie nicht weiter damit verschwenden, sie zu vermissen. Immerhin hatte sie mich genauso einfach links liegen gelassen wie andere vor ihr. Alleine war ich definitiv besser dran. "Wenn ich aufwache, bist du verschwunden", miaute ich laut genug, dass sie es hören konnte, legte den Schweif über meine Schnauze und schloss das Maul wieder. Es dauerte auch nicht lange, bis mich der Schlaf übermannte und mein Atem tief und regelmäßig ging.

Meine - mehr oder weniger freundliche - Gesellschaft schlief nun, aber nicht ohne klar zu machen, dass ich wirklich verschwinden sollte. Gut, hoffentlich war ich bis dahin wach. Nachdem ich mit meiner Wäsche fertig war, rollte ich mich zusammen und ignorierte das Knurren meines Magens. Und dann schloss ich die Augen, brauchte auch gar nicht lang um eingeschlafen. Immerhin war heute ein langer Tag gewesen und ich war mit meinen Kräften förmlich am Ende.
Der Schlaf an sich war ruhig und traumlos gewesen und als ich aufwachte, stellte ich fest, dass der schwarze Kater weiterhin schlief. Gut, dann würde er mich nicht so schnell von hier weg scheuchen. Eilig rappelte ich mich auf, schob die Spinnenweben von meiner Schulter und begutachtete die Wunde, die aufgehört hatte zu bluten. Das war gut, auch wenn sie noch schmerzte. Etwas zum Beißen wäre jetzt nicht schlecht. Also erhob ich mich, streckte mich und machte einen Buckel, ehe ich in der Scheune loszog. Hier und da konnte ich das Tappeln der Pfoten der Mäuse wahrnehmen und tatsächlich trauten sie sich so weit, dass ich sie sehen konnte. Schnell verfiel ich in die Kauerstellung, verteilte mein Gewicht gleichmäßig auf meine Pfoten und schlich mich an. Schritt für Schritt näherte ich mich meiner Beute, fixierte sie und sprang schließlich ab. Mit meinen Pfoten drückte ich das fiepsende Tier auf den Boden und war versucht damit zu spielen. Aber dafür hatte ich keine Zeit, weshalb ich sie tötete und beinahe sofort verschlang. Wer wusste schon, wann der schwarze Miesepeter aufwachte. Der Geschmack der Maus ließ mich leise Schnurren. Als ich fertig mit meiner Mahlzeit war und das Blut von Schnauze und Pfoten leckte, entdeckte ich eine zweite Maus. Hm...ich sollte diese Gelegenheit besser nutzen. Gesagt, getan. Zwar war ich nicht der absolute Meister bei der Mäusejagd, aber es war vergleichsweise leicht, sie hier zu jagen. Mit der frischen toten Maus näherte ich mich langsam dem Kater, legte die Beute vor seiner Schnauze ab und wich eilig einige Schritte zurück, setzte mich und wartete gespannt. Hoffentlich nahm er meine Entschuldigung an und nahm es mir nicht übel, dass ich nicht weg war. Aber ich musste wissen, wer diese Clans waren.

Ich träumte - wie sollte es auch anders sein - von Honigpfote und hatte ihren süßen Duft in der Nase, während ich schlief. Nur im Schlaf gewährte ich es mir, dem nachzujagen und ihre Gesellschaft zu genießen, die mich nie so sehr gestört hatte wie die Gesellschaft von anderen. Und ich schlief lange. Immer mal wieder zuckten meine Pfoten im Traum und ich maunzte sogar leise, als das Bild von Honigpfote schwand. Sie hatte es mir scheinbar wirklich angetan und ich wollte gar nicht aufwachen. Aber Geräusche weckten mich und der Geruch nach Blut vertrieb ihren süßen Duft rasch. Murrend verzog ich die Schnauze und kräuselte leicht die Schnurrhaare, dann blinzelte ich und entblößte meine Zähne mit einem Gähnen. Gleich fiel mein Blick auf die Kätzin, die in einiger Entfernung von mir saß und mich scheinbar erwartungsvoll musterte. Erst dann fiel mir die gefangene Maus auf und ich starrte die Kätzin einen Moment lang an. Kein Ärger lag in meinem Blick, ich sah sie nur wie sonst bei mir üblich - wenn ich nicht gerade genervt war - emotionslos und gelangweilt an. "Du bist ja immer noch da", miaute ich wenig begeistert und ließ meinen Blick von ihr zu der Maus wandern. Langsam richtete ich mich auf und gähnte noch einmal, dann zupfte ich beiläufig einen Halm von meiner Schulter.

Ein wenig verlegen sah ich auf meine Pfoten und nickte kurz. Zum Glück griff er mich nicht an, sondern wirkte nur ziemlich genervt. Damit konnte ich umgehen, immerhin reichte mir die Wunde an der Schulter. Hoffentlich beeinträchtigte sie mich nicht zu sehr bei meiner Reise. "Ja, entschuldige.", miaute ich. Der Kater hatte mich ziemlich mit seinem Verhalten eingeschüchtert, weshalb ich gerade nicht so freundlich war. Vorsichtig war hier besser. Langsam richtete ich meinen Blick wieder auf den schwarzen Kater vor mir, der sich aufgerichtet hatte. "Aber...Du hast von Clans gesprochen und ich...muss wissen, wer diese Clans sind und wo sie sind." Ich wollte endlich ein Zuhause haben. Waren die Clans etwa Zweibeiner? Das würde mich sehr freuen, wenn sie mich aufnehmen würden. Neugierig spritzte ich die Ohren und wartete, dass der Kater mir Informationen gab. Hoffentlich rückte er ein wenig mit der Sprache raus, sonst würde ich eventuell mit meinen Krallen zuschlagen müssen, auch wenn ich es eigentlich nicht wollte.

Die Clans? Ich hielt nicht viel von diesem Haufen anhänglicher und nervtötender Katzen, und ich zuckte genervt mit dem Ohr. Aber wenn ich es ihr verriet und sie abzog zu denen, würde sie mich vielleicht endlich in Ruhe lassen. Diese Clans ließen einen meistens nicht mehr gehen, wenn man einmal drin war, als gäbe es da so eine Art dämlicher Gehirnwäsche. Den Halm warf ich beiseite und begann damit, mir mit der Zunge über das Fell zu fahren, ließ mir Zeit, ehe ich antwortete. "Die Clans sind ein Haufen Katzen hier in der Gegend. Südöstlich von hier. Der WindClan hat sein Lager hier ganz in der Nähe", erzählte ich knapp und nickte mit dem Kopf in die grobe Richtung, unterbrach dafür meine Wäsche allerdings nur kurz und fuhr dann gleich damit fort, mit der Zunge über meine Schulter zu fahren.

Keine Zweibeiner, sondern Katzen. Ein wenig war ich enttäuscht, aber so ein Clan hörte sich vielleicht gar nicht schlecht an, auch wenn der Kater nicht gerade begeistert von ihnen wirkte. Naja, er schien sich im allgemeinen für nur wenige Dinge begeistern zu können. Aufmerksam lauschte ich seinen Worten und überlegte. Sollte ich mir so einen Clan ansehen? Aber vielleicht sollte ich nicht direkt im Lager aufschlagen, am Ende würde ich wieder nur eine Ladung Krallen abbekommen. "Es gibt also mehrere Clans? In welcher Richtung liegen Sie?" Neuer Tatendrang durchfloss mich und ich sprang auf meine Pfoten. Um ehrlich zu sein war ich von den Gedanken nicht abgeneigt von hier zu verschwinden, immerhin schätzte ich...bessere Gesellschaft und vielleicht fand ich ja so etwas in diesen Clans! Mit funkelnden Augen sah ich mein Gegenüber an.

Genervt kräuselte ich die Schnurrhaare und hob eine Pfote, um sie zu waschen. "Südöstlich von hier, das sagte ich doch schon. Es gibt insgesamt vier Clans. Fluss-, Wind-, Donner- und SchattenClan. Aber die mögen keine Fremden, komm also nicht wieder her, wenn sie dir den Pelz zerfetzen", schloss ich und unterstrich meine Warnung vor den Clans mit einem direkten Blick in ihre stechend blauen Augen. Wenn sie hier wieder angekrochen kommen sollte, weil die Clans sie in der Luft zerpflückt hatten, würde ich sie wieder vertreiben - dieses Mal mit mehr Nachdruck. Ich wollte immerhin alleine sein und konnte Gesellschaft weder gebrauchen noch ihr etwas abgewinnen. Vielleicht nahmen die sie aber auch auf, dann war ich sie auf jeden Fall los.

Südöstlich. Und wo soll das sein? Doch ich wagte es nicht, diese Frage zu stellen, ansonsten hätte er sich wieder über mich lustig gemacht. Doch seine Erzählungen ließen mich ein wenig das Fell sträuben. Fell zerfetzen? Diese Streuner und Wildkatzen hier waren ja echte Monster und ich schluckte schwer. Aber wenn ich vielleicht vorsichtiger bin, würden sie mir doch nicht einfach das Fell über die Ohren ziehen, oder? Wäre ich nicht auf den schwarzen Kater gestoßen, hätte ich nie etwas von den Katzenclans erfahren und sowieso unwissentlich durch ihr Gebiet gestreift. Die Katzen würden doch nicht einfach alles und jeden angreifen, der ihr Gebiet durchquerte, oder? Aber ich konnte die versteckte Genugtuung in den Augen des Katers sehen und ich zuckte mit den Schnurrhaaren. "Na, dann bleibe ich einfach gleich hier, dann kann ich gar nicht verletzt wieder hier her kommen." Na, was er dazu wohl jetzt sagen würde? Meine Augen funkelten frech und tatsächlich ein wenig verspielt.

"Mach doch, was du willst", miaute ich gleichgültig und zuckte mit dem Schweif, während ich dazu überging, mit den Zähnen an meinen ausgefahrenen Krallen zu knabbern und das oberste Häutchen abzuziehen, um sie zu schärfen. "Aber im Gegensatz zu mir lassen die Clans dich vielleicht in Ruhe und du musst dein zartes Pelzchen nicht wieder mit Spinnenweben verunstalten." Gelangweilt und monoton klang meine Stimme, ließ weder einen warnenden noch einen drohenden Ton vernehmen. Ich meinte das allerdings durchaus ernst. Wenn sie hierbleiben und mir weiter auf die Nerven gehen wollte, würde sie wieder meine Zähne zu spüren bekommen. Ich mochte diese Scheune und ich wollte mich hier noch ein wenig aufhalten, und wenn ich dafür eine Katze verletzen musste, dann war das eben so. Katzen waren mir schlichtweg egal und ein Ärgernis, wenn sie mich nervten.

Griesgram. Aber es schien so, als wäre irgendetwas vorgefallen, dass er Katzen nun nicht mehr so wirklich leiden kann. Naja, mir konnte das ja egal sein. Also erhob ich mich, streckte mich und sah dann über meine Schulter zum Ausgang. Ich hatte nun einen gewissen Anhaltspunkt, wohin ich wollte und hoffentlich waren diese Clans ein wenig freundlicher als dieses Exemplar von Katze hier. Trotzdem gut gelaunt sah ich den Kater an, schnippste mit der Schweifspitze. "Nun gut, dann mache ich mich auf den Weg. Danke für die Spinnenweben." Für seine nicht vorhandene Gastfreundschaft würde ich ihm nicht danken, vermutlich war ihm das sowieso egal. Also drehte ich mich um und zwängte mich aus dem Loch hinaus in das Freie, blieb stehen und sah mich kurz um.

Ich nickte nur knapp und fuhr damit fort, meine Krallen zu putzen, ohne ihren Abgang zu beachten. Dass weder sie meinen noch ich ihren Namen kannte, war mir dabei schlichtweg egal und ich gähnte noch einmal kurz, während ich überlegte, was ich nun machen konnte. Mein Blick fiel auf die Maus, die sie liegengelassen hatte, und verächtlich zuckte meine Schweifspitze. Entweder sie hatte sie mir schenken wollen und hatte nicht den Grips, das auch zu sagen - oder sie hatte sie schlichtweg vergessen, was einer Verschwendung von Beute gleichkam. Wie auch immer, jetzt gehörte sie offenbar mir, genauso wie die eine Maus, die ich noch immer vergraben hatte. Ohne lange zu fackeln senkte ich die Pfote und stand auf, packte die Maus und trug sie hinüber zu der anderen. Die 'frischere' deckte ich mit weiteren Halmen Stroh zu, während ich die von gestern Abend ausgrub und rasch verputzte.

Da stand ich nun und stellte mir die Frage, wo Südosten sein sollte. Immerhin war ich bisher einfach nur losgelaufen und hatte mich nicht interessiert, in welche Himmelsrichtung ich los lief. Doch eigentlich konnte das nicht so weit weg sein, immerhin meinte der schwarze Kater, dass das Lager eines Clans hier in der Nähe war. Und er schien auch kein Freund von ihnen zu sein, weshalb er ihr Territorium mied. Mein Blick glitt in die Ferne, in die Richtung, in der ich das Clangebiet vermutete. Ich würde einfach weiter laufen, in die entgegengesetzte Richtung, aus der ich gekommen war. Oh, hoffentlich sind die Katzen dort nett und dieser schwarze Griesgram wollte mir nur Angst einjagen. Ich war ein wenig angesäuert, dass der schwarze Kater mir mit so viel Feindseligkeit entgegen getreten war. Die Wunde an meiner Schulter hatte zwar aufgehört zu bluten, tat aber immer noch ziemlich weh und ich nahm es dem Fremden übel. Wer benutzte schon ernsthaft seine Zähne und Krallen? Verrückt. Das alles war so anders, als zuhause.

Milea >> FlussClan - Morgan's Hof